ÜBER DEN TELLERRAND
Vegane Erlebnisse in der Grillsaison
Sommer, Sonne, Grillsaison – und eine Armada an Einladungen zu Freiluft- und Gartenpartys. Ich liebe den Sommer: die langen Abende auf diversen Terrassen, die dazugehörige Geselligkeit und natürlich auch das leckere Essen, das in meinem Fall vorwiegend aus pflanzlicher Kost besteht. Als eingefleischter Flexitarier, der sich na sagen wir mal zu 90% pflanzlich ernährt, bin ich in einem chronischen Dilemma, sobald jährlich die Grillanhängerschaft ihre Geräte anheizt und ihre Messer wetzt. Okay, manchmal, zu besonderen Anlässen, in spontanen Verlockungsphasen oder einfach nur aus Neugier, wie mein altes Leben so geschmeckt hat, gönne ich mir einen Happen Fleisch oder Fisch, nur um am Tag darauf festzustellen, dass die Versuchung im Gegensatz zur Nachhaltigkeit nur eine Momentaufnahme mit schalem Nachgeschmack ist.
Ja mir liegt das Wohl der in Massenhaltung eingepferchten Tiere am Herzen, ich achte auf meinen ökologischen Fingerabdruck und vor allem auf meine Gesundheit, doch manchmal, wenn das Teufelchen zu laut flüstert, ist mein Geist zwar willig, doch das Fleisch leider schwach und ich versinke selig in einem Teller Spaghetti Bolognese – dem Lieblingsessen aus meiner Kindheit.
Heute allerdings bin ich auf jegliche Versuchungen vorbereitet und packe kurz vor dem Gang zu unseren grillenden Nachbarn meine Tupperdose. Während der Hausherr vor den johlenden Gästen gekonnt seine muhenden Steaks, grunzenden Bratwürste und gackernden Hühnerbeine wendet, präsentiere ich mein Sellerie-Steak, köstlich mariniert nach dem Rezept des hippen Lieblingskochs du jour. Dieses landet zusammen mit diversen Toppings & Dips, einer Ofenkartoffel und einem Potpourri aus Salat, geräuchertem Tofu, regenbogenfarbenen Tomaten und Pinienkernen auf dem Teller unter dem eifersüchtigen Raunen der fleischfarbenen Gästeschar.
Dem durchgebratenen Rib-Eye Steak am Nebentisch fallen vor Neid die Augen aus dem Kopf. Alle wollen mal probieren, alle sagen „Wow, schmeckt ja wahnsinnig gut“…und ich lehne mich lächelnd zurück, schaue in die kauende Menschentraube an und sinniere süffisant, ob der Auslöser des Rinderwahnsinns eventuell nicht doch menschlichen Ursprungs war.